Eine weitere grundlegende Eigenschaft (und Bürde) des digitalen Zeitalters ist die ständige Verfügbarkeit. Zeit und Raum sind dadurch zur Nebensächlichkeit geworden. Immer kann gehandelt, kommuniziert und gearbeitet werden, egal, wo man sich gerade befindet: im Büro, im Home-Office, unterwegs, im Urlaub oder auch „Full Remote“. Das bedeutet enorme Flexibilität für den beruflichen Alltag, kann aber auch zu Vereinsamung, Schlafstörungen und anderen Belastungen von Geist und Körper führen.
Das sind sie also, die unendlichen Möglichkeiten von Digitalisierung und Vernetzung, von Informationsaustausch und globaler Kollaboration. Wir wissen genau, dass jeder dieser Errungenschaften positive und negative Folgen für den Einzelnen haben kann. Menschen werden im Internet reich, bilden sich weiter, tauschen Ideen aus, treffen auf Gleichgesinnte und finden manchmal sogar die große Liebe; gleichzeitig wird so mancher überwacht, ausspioniert, süchtig gemacht, betrogen, belogen, manipuliert oder schikaniert. Es geschehen dort also die gleichen Dinge wie in der realen Welt, wobei diese Trennung eine künstliche ist. Das Internet ist aus physikalischer Sicht natürlich schon immer Teil der realen Welt. Unabhängig davon sagen Computerfreaks sowieso lieber „going afk“ (away from keyboard) statt „going real life“, eben weil die digitale Welt auch gefühlt Teil oder sogar Mittelpunkt ihres „wirklichen Lebens“ ist.
Große Entwicklungen stehen schon in naher Zukunft an. Durch Satellitennetzwerke wie Starlink werden mobile Breitbandanbindungen selbst in entlegensten Weltregionen möglich sein. Taxifahrten in autonomen Fahrzeugen dürften zur Selbstverständlichkeit werden. Die fortwährende Miniaturisierung von Infrastruktur und Hardware wird u.a. dem Internet der Dinge und der Robotik einen Boost verschaffen – und weitere Basisinnovationen sind nach Einschätzung von Wirtschafts- und Zukunftsforschern in den Bereichen Gesundheit und Biotechnologie zu erwarten. So viel ist sicher: alle Bereiche unseres Lebens, egal ob sozialer oder wirtschaftlicher Natur, werden davon betroffen sein.
Aber greifen wir nicht zu weit voraus und gehen noch einmal zurück zum Status Quo: Schon jetzt ist es so, dass die komplexe Infrastruktur des Internets immer wieder neue Innovationen erforderlich macht, die dann auch innerhalb anderer Netzwerke genutzt werden. Die virtuellen Grenzen zwischen Internet und Intranet, Darknet und Clearnet müssen daher immer wieder neu gezogen und abgesichert werden. Das Netz insgesamt wächst zumindest metaphorisch wie ein lebendiger Organismus. Durch Konkurrenzdruck und Innovation entstehen ständig neue Allianzen und symbiotische Beziehungen: Produktentwickler sind stets auf der Suche nach der besten Vertriebsplattform, Business-Kunden und Lieferanten werden wie selbstverständlich zu Netzwerkpartnern, Konzerne vernetzen sich mit Forschungseinrichtungen, und auch kriminelle Bündnisse (z.B. aus Drogenhändler und Hacker) kommen natürlich zustande. Alle verfolgen sie durchaus ähnliche Ziele. Genannt seien nur die wichtigsten: günstige Vertriebswege finden, neue Produkte entwickeln und optimieren, Produktionskosten reduzieren, Profite maximieren. Die Mittel zum Erreichen dieser Ziele sind oft verwerflich, die Ziele selbst sind es nicht. So wird nun mal der Motor einer funktionierenden Wirtschaft angetrieben. Innovationen müssen sich lohnen, auch monetär. Schließlich sind sie gerade im Bereich der Informationstechnik entscheidend für die weitere technologische Entwicklung; sie definieren die Geschwindigkeit der weiteren Durchdringung von realer und digitaler Welt. Ein Prozess, der nicht mehr aufzuhalten ist.